Bäuerinnen: "Each for Equal" - Gleichstellung bedeutet auch Chancen zuzulassen
Heuer haben die Vereinten Nationen für diesen besonderen Tag das Motto "Each for Equal" (Jeder für Gleichberechtigung) ausgegeben. "Gleichstellung bedarf der Bereitschaft aller, vernetzend zu wirken, Strukturen aufzubrechen, Möglichkeiten zu erkennen und Chancen zuzulassen", appelliert Bundesbäuerin und LKÖ-Vizepräsidentin Irene Neumann-Hartberger und mahnt Fortschritte ein: "Die Vereinten Nationen haben die Gleichstellung von Frauen und Männern (SDG 5) als eines ihrer Ziele der Agenda 2030 definiert. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2023, es ist also nicht mehr allzu viel Zeit, um von einer Worthülse zu tatsächlichen Ergebnissen zu gelangen, oder soll es tatsächlich 132 Jahre bis zur Geschlechtergleichstellung dauern, wie das Weltwirtschaftsforum 2022 errechnet hat."
WO BLEIBT DIE SICHT DER FRAUEN?
In vielen Bereichen ist bei der Geschlechtergleichstellung noch Luft nach oben: So gibt es beim Entgelt weiterhin einen signifikanten Unterschied der Gehälter - Frauen verdienten im Jahr 2020 um 18,9% weniger als Männer. "Bezeichnend ist auch die rege Debatte um die Frauenerwerbsquote angesichts des aktuellen Fachkräftemangels", meint Neumann-Hartberger und weiter, "lässt sich diese doch nur steigern, wenn gleichzeitig die faktische Gleichstellung bei Gehalt, Mitsprache sowie partnerschaftlicher Haushalts- und Familienarbeit weiter vorangetrieben wird."Massiver Nachholbedarf besteht ferner bei frauenspezifischen Daten. Dieser sogenannte "Gender Data Gap" zieht sich über zahlreiche Bereiche des täglichen Lebens, wie Produktentwicklungen und Services, wo Frauen als Nutzerinnen weniger Beachtung finden. So sind etwa gewisse Systeme, z.B. zur Stimmerfassung und zur Sicherheit, teilweise zu wenig auf die Bedürfnisse von Frauen abgestimmt. In Zeiten von Big Data und Künstlicher Intelligenz bekommt diese Datenlücke besonderes Gewicht. "Um passgenaue Bildungs- und Beratungsangebote zu schnüren, braucht es diese Perspektive auf Frauen ebenso wie im Bereich Management und Organisation", betont die Bundesbäuerin.
CHARTA SETZTE WICHTIGE ENTWICKLUNG IN GANG
In der Agrarbranche hat die Arbeitsgemeinschaft Österreichische Bäuerinnen mit ihrer "Charta für partnerschaftliche Interessenvertretung" seit 2017 einen wichtigen Weg zur Gleichstellung beschritten und bei vielen Kooperationspartnern auf Bundes- und Länderebene Schritte für die Chancengleichheit der Frauen bewirkt. Gleichzeitig haben bisher rund 500 Bäuerinnen den Ländlichen Fortbildung-Zertifikatslehrgang "ZAMm unterwegs - Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum" absolviert, wo sie sich zusätzliche Fähigkeiten angeeignet haben, um politisch und interessenpolitisch aktiv werden zu können. "Wir dürfen dennoch nicht aufhören weiter an diesem Thema zu arbeiten, denn alte Denkmuster sind noch nicht überall aufgebrochen und bis zur faktischen Gleichstellung gibt es noch einiges zu tun", sieht Neumann-Hartberger darin die Voraussetzung, um künftig einen höheren Frauenanteil in Führungs- und Managementfunktionen zu erreichen.Für die Frauen auf den landwirtschaftlichen Betrieben sind noch wesentliche Zukunftsfragen ungeklärt. "Unsere Aufgabe als Frauenorganisation ist es, sie in den nächsten Jahren auf dem Weg zur rechtlichen und finanziellen Absicherung zu stärken", so Neumann-Hartberger.